mehr minus heißt nun günstiger
Redaktion - Reportage |
Mein Verriss:
Ja, was ist eigentlich günstiger? Für wen:
Im Bau/Abwasser-Ausschuß wurde am Dienstag ein erneuter Entwurf einer zentralen Kläranlage beraten. Sollte der Entwurf von Dr. Schulz noch für geplante 6.368.486€ zu bauen sein, so verringern sich die Kosten laut IPP und Antragstext nun auf 7.513.960€ (sic!).
Nun soll hier das bisherige Konzept mit der Begründung einer (kurzfristigen) Billigkeit erneut über den Haufen geworfen.
In gerade einmal einem Satz mit 34 Wörtern („Kompaktbauweise, Wegfall der Nachklärung, SBR Technologie, Volumenreduzierung biologischer Reaktor, externe aerobe Schlammstabilisierung") sollen die bereits bezahlten HOAI Phasen 3-5 des Dr. Schulz erneut ausgeschrieben bzw. legitimiert werden und handstreichartig alle bisherigen Planungen verworfen zu werden. Auf eine erneute nötige Neuberechnung der HOAI-Phase 2 scheint verzichtet zu werden. Warum hier soviel Planungsgelder verbrannt werden, ist für einen Laien nicht ersichtlich. Und allenfallls mit einem womöglich unausgegorenen "Willen der unteren Wasserbehörde" begründbar, die immer zeitlich vor allen anderen Würdenträgern informiert zu werden scheint.
Eine der maßgeblichen Faktoren für die zentrale Kläranlage, und die dadurch nötigen Pumpstrecken und damit erhöhten Energiekosten war die Verstetigung des Klärprozesses. Durch die (fachlich richtig) willentlich klein dimensionierten Rohre wird ein permanenter Fluß aufrechterhalten. Das heißt, daß die Kläranlage gleichmäßig (und nicht stoßweise nach Aufkommen oder Regeneintrag) bestückt werden kann. Dieses kann für gute gleichmäßige Ergebnisse sorgen – so die Hoffnung.
Dr. Schulz karrikierte dieses bereits mit seinem Entwurf, diese Stetigkeit dann wieder Stoßweise in einem Riesen-Becken zu bestücken, anstatt ein kontinuierliches Verfahren zu wählen. Lediglich durch die Zweistraßigkeit meinte er, wechselweise den gleichmäßigen Fluß aufrecht erhalten zu können. Gleichzeitig sah er hier eine sinnvolle Redundanz vor, bzw. eine sommerliche Skalierbarkeit.
Das nun gewählte Klärverfahren wird bezeichnet als SBR-Technologie, ein klasisches Verfahren aus den 60er-Jahren. Sequentiell heißt hierbei, daß die Klärschritte zeitlich nacheinander ablaufen. Das heißt, das Becken wird beladen, dann aktiv gerührt und belüftet, dann sedimentiert oder dekantiert, und dann umgepumpt. Wie bisher, alles extrem Energieaufwändig. Erst dann kann wieder neu beladen werden. Hier noch von einer Stetigkeit (dem Hauptargument einer zentralen Klärlösung mit Pumpe-Schlauch-Zulieferung) zu sprechen mag einem wie Hohn erscheinen. Alle guten Ideen des Dr. Schulz scheinen somit gekipppt zu sein.
Leider führt das sogenannte „Bürgerinformationssystem“ der Gemeinde Ilsede seit Geraumen keinerlei informativen Anlagen mehr auf, und die Protokolle werden oft nach einem viertel Jahr erst veröffentlicht, so daß hier nur vermutet werden kann: Durch die Unstetigkeit kommen nun entweder zentrale oder dezentrale (womöglich stinkende) Zwischenlagerungslösungen in Betracht, und womöglich Neudimensionierungen der dann Pumpe-Rohr-Lösung, da hier in kleinerer Zeiteinheit größere Mengen befördert werden müssen.
Diese SBR-Verfahren werden oft eingesetzt bei fehlendem Flächenbedarf, welches in unserem ländlichen Bereich jedoch nicht gegeben zu sein scheint.
Zusätzlich soll nun auf eine „externe aerobe Schlammstabilisierung“ gesetzt werden. Es scheint hier nicht ausgeschlossen zu sein, daß dieses baulich durch Klärschlamm-Verregnung auf die ehemaligen Gadenstedter Schilfklärflächen möglich sei. Dieses wäre dann womöglich eine Umwidmung eines einmaligen Naturbiotopes und EXPO2000-Projektes zu 4 stinkenden Fäkalflächen.
Bei der letzten Ausschreibung (welche die IPP gewann), wurde noch eine (später zu entscheidende energiesparsamere und stetige) BIOCOS-Lösung bewußt offen gehalten. Diese wird nun anscheinend einfachst durch Mißachtung ausgeschlossen. Auch mögliche Pumpkosteneinsparungen durch Hanglage oder Freigefälle-Nutzung scheinen nicht angedacht zu sein.
Gleichzeitig scheinen sich die im ersten Entwurf durch Ing. Bühler (5.460.630€ Investkosten) und im zweiten Entwurf durch Dr. Schulz (7.751.503€ Investitionskosten) prognostizierten Erneuerungskosten der Altanlagen immer mehr als die weitaus günstigsten Lösungen herauszustellen, bei denen dann noch zusätzlich die Millionen-Kosten für Bau und Betrieb der Pumpanlagen und Rohre eingespart würden.
Mit der Formulierung "...der Bauantrag (..) ist auf Grundlage des vorgestellten Optimierungkonzeptes" der IPP zu stellen, werden die alten bereits bezahlten (damals angeblich alternativlosen) Konzepte erneut über den Haufen geworfen, und alles nun zum dritten mal überarbeitet. Fraglich ist, wer diese Überarbeitung durch die IPP in Auftrag begeben hat, wer hat sie bezahlt? Teil der damaligen Ausschreibungsunterlagen scheint sie jedenfalls nicht gewesen zu sein, diese enthielt nur die Umsetzung des Dr. Schulz-Konzeptes.
Hier scheinen mit dem dritten Entwurf nun sinnvolle Überlegungen, andere pfiffige Konzepte, moderne zeitgemäße Lösungen weggewischt zu sein. Eine Pro-/Contra-Diskussion ist jedenfalls nicht ersichtlich.
Daß mit der dreimaligen Ausarbeitung des Klärkonzeptes auch dreimalige Ingenieur-Kosten entstehen, läßt die Kostensteigerung während der Vor-Bau-Phase bei öffentlichen Projekten verständlich werden.
Es ist unverständlich, warum sich der ausscheidende Antragssteller Kloster zu Ende seiner Karriere noch so ein negatives Denkmal setzen möchte.
Wie ein Hohn klingt es dann, wenn Jörg Gilgen in der PAZ vom 26.3.2016 die Politik der SPD lobt, sie „würde Lösungen zum Wohle der Menschen in Ilsede entwickeln“, und hätte nun den „Irrweg des Lahstedter Abwassers beendet“.
Ohne zu bemerken, daß er sich hier lediglich in sein eigenes Bein schoß und sich und seine eigenen Lahstedter SPD-Genossen damit traf. Und auch ohne zu bemerken, daß die Lahstedter Abwasser-Politik zwar schmählich „beendet“, jedoch nicht wirklich zum positiven korrigiert zu sein scheint. Weder im finanziellen, noch im ökologischen, noch im gesamtgesellschaftlichen.
Die Verwaltung unter dem SPD-nahen Bürgermeister Grimm und den SPD-Bürgermeistern Brandes und Fründt, als auch die Verwaltung unter dem SPD-Landrat Einhaus schaffen hier im Handschlag-Verfahren, abgeschoben/abgesichert durch in der Materie unerfahrene Feierabend-Politiker ein überregional gesehen und energiepolitisch betrachtet langfristiges Minus-optimiertes Produkt aus politischen Gründen, die kaum nachvollziehbar scheinen.
Und auch die Paz am Donnerstag hat sich wieder einmal ihren Artikel vom Bürgermeister diktieren lassen, und titelt daher auch prompt mit 2 Mio Einsparungen bei den Investitionsskosten. Jedoch lediglich die Investitionskosten zu betrachten ist naiv und schließt sinnvolle Erweiterungen wie z.B. Freigefälle-Anlagen oder Stromerzeugung aus Faulgasnutzung aus, die sich finanziell rechnen könnten.
Auch wird hier mißachtet, daß bereits die damalige Lösung der dezentralen Anlagen in den Investitionskosten günstiger waren jedoch über vage Betriebskosten hochgerechnet wurden, so daß die in den Investitionskosten teurere zentrale Lösung genommen wurde. Die einseitige Betrachtung nun lediglich der Investitionskosten ohne die Betriebskosten (auch der Pumplösung) kann nur ein verzerrtes Bild geben.
Selbst dem Laien sollte klar sein, daß Lafferde finanziell besser mit Steinbrück zusammenlegbar ist, daß eine gemeinsame Lösung Groß-Ilsede mit Gadenstedt kostenminimierend denkbar sei, daß Oberg und Münstedt, als auch Adenstedt (als Kleinanlagen erneuert) besser energiepolitisch und finanziell günstiger tragbar sind, als hier aufwendige Pump-Lösungen zu schaffen. Aber an dem alten Ilseder Zopf: Wasserverband Peine darf nicht gezupft werden. Statt einer sinnvollen, scheint hier eine politische Lösung gefrickelt zu werden. Zu finanziellen Lasten von wem? ... Genau.
Mein Kommentar dazu: Eine Verwaltung, die dieses als Erfolg verkauft, und VR-Politiker aller Fraktionen, die dieses nicht sehen (wollen) sollten vielleicht ihren Eid überdenken, zum Wohle der Bevölkerung zu handeln.