Zentrale Kläranlage doch nicht beschlossen - ja sogar teurer
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Der Abwasserausschuß tagte am Mittwoch. Das Wesentliche vorweg.
Die Verwaltung (Fachbereich GB TE mit Datum 7.10!) hat noch schnell zur Fusion 2015 den Entscheid eines Neubaus einer zentralen Kläranlage Gadenstedt durchpeitschen wollen, doch der Abwasserausschuß fühlte sich zu Recht überfahren, zeigte die gelbe Karte und vertagte diese Entscheidung in den Spätherbst, damit sie zuerst in den Fraktionen beraten werden kann.
Zudem wollte die Verwaltung (GB TE) ein (wie auch immer geartetes) Wirtschaftlichkeits-Primat für die zukünftige Abwasserentsorgung statuieren. Hier wurden die Ziele einer zukünftigen Kläranlage neben Wirtschaftlichkeit auf Energie-Effizienz, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit (demografischer Wandel) erweitert.
Desweiteren verteilte der Abwasserausschuß (mittlerweile widerholend) etliche Rügen in Richtung Herrn Kloster (stellvertretend für die Verwaltung) für schlechte oder fehlende Aufgabenerfüllung bzw. personelle Überforderung.
Alle weiteren Entscheidungen können im Protokoll im Bürgerinformationssystem nachgelesen werden
Hierzu mein Kommentar:
Die Vertagung, eine zentrale Kläranlage als Schnellschuß zu forcieren, zeigt mir einmal erneut den verantwortungsvollen Umgang der Mitglieder des Abwasserausschusses mit ihrem Mandat. Diese Entscheidung ist umso richtiger, da sich das nun vorliegende Schulz-Gutachten noch schmaler anfühlt, als das in meinen Augen bereits mangelhafte Bühler-Gutachten letzten Jahres.
Dieses interne Papier/Powerpoint ist erstmalig vor 14 Tagen am 29.9.2014 hinter verschlossenen Türen vorgestellt worden, und dann in der Sitzung am 9.10.2014 in Auszügen erstmals öffentlich dargestellt. Das Protokoll der nichtöffentlichen Arbeits-Sitzung ist noch nicht allen zugestellt, doch da sollte nach 10 Tagen bereits final über einen knapp 10 Millionen-Etat entschieden werden.
Olaf Schulz raffte daher in Auszügen noch einmal kurz die wesentlichen Punkte zusammen (die Folien befinden sich im Anhang). Danach empfiehlt der Gutachter den Bau einer zentralen zweisträngigen Kläranlage nach dem Belebtbeckenverfahren. Die Begründungen scheinen noch magerer, als beim Bühler-Gutachten vor einem Jahr. Und es ist schon peinlich, daß dieses vom Gebührenzahler finanzierte Gutachten (150.000€ bis HOAI4) nicht einmal öffentlich zugänglich ist, und die Zahlen einer im Schnelldurchgang durchgezogenen Power-Point entnommen werden müssen.
Folglich hat die PAZ die Zahlen auch prompt durcheinandergebracht, und die zentrale Anlage NICHT als die teuerere Investitionslösung beschrieben.
Dieses öffentliche Vertuschungsverhalten zieht sich jedoch bereits seit einem Jahr hin. Die öffentlichen Vorstellungen der Untersuchungen des Olaf Schulz wurden immer im Schnelldurchlauf vollzogen, mit der Begründung, die Folien seien den Ausschuß-Mitgliedern ja per Rundmail zugegangen. Eine Information der Öffentlichkeit, ein womögliches Einstellen ins Ratssystem wird somit umgangen. Ich weiß nicht, wie man sich das vorstellt, wie sich die neuen Kommissionsmitglieder des neuen Rates in diese Thematik einarbeiten sollen - geschweige denn Außenstehende. Öffentlich bezahlte Papiere haben in meine Augen öffentlich recherchierbar und kontrollierbar zu sein, und nicht von den privaten e-mail-Konten der wechselnden Rats-Mitglieder nach Anfrage und nach Gutdünken zusammentragbar zu sein. Â
Und so ergibt sich aus dem Gutachten:
Schulz untersuchte drei Varianten. Variante C ist die Durchleitung an die Peiner Abwasserbetriebe, die er ohne sie zahlenmäßig öffentlich zu hinterlegen als teuerste Variante verwarf. Für ihn blieben zwei Varianten übrig.Â
Variante B stellt den Ausbau/Umbau/Neubau der bestehenden Kläranlagen dar. Dabei wechselt er die Verfahrenstechnik von einer (hier und in KA) bewährten energiesparsamen Tropfkörperklärung zu einem pumpengesteuerten und energieintensiven Belebtschlammverfahren - ohne dieses weiter zu begründen. In seiner weiteren Verfahrenstechnik werden eine Lahstedt-spezifische biologische Nachklärung, bzw. Retentionsbecken zur Regenwasserpufferung nicht betrachtet. Für diese Variante berechnet er 7.7 Mio€ um alle 4 Klärwerke auf den neuesten Stand zu bringen. Dieses halte ich bei Neubauten für realistischer, als die im Bühler-Gutachten "angeblich genauso sicher" gerechneten 5,4 Mio€Â
Variante A schließlich beinhaltet den Bau von Pumpstationen statt der bisherigen Klärwerke, und den Neubau einer kleinindustriellen durchgehend zweisträngigen Belebt-Becken-Kläranlage im Paralellbetrieb. Auch hier wird der Wechsel zum Energieintensiven und Ersatzteilanfälligen Belebtschlammverfahren nicht weiter begründet (allerdings ermöglicht dieses eine bessere Vergleichbarkeit der Varianten) Auch andere moderne oder zukunftsfähigere Klärverfahren gehen nicht in seine Betrachtung ein. Diese Variante beziffert er mit 9,7 Mio€, was ich ebenfalls als realistische untere Genze empfinde, wobei ich schon bemängeln muß, daß dieses nicht weiter aufgegliedert wird, in Pumpe/Rohr-kosten und Klär/Beseitigungs-Kosten und Betriebskosten. Ebenfalls ist erstaunlich, daß mit 9,7 Mio€ innerhalb eines Jahres nun fast die DOPPELTEN Kosten des Bühlerschen Ansatzes vom letzten Jahr veranschlagt sind (2,2Mio€ Invest Gad!). Unter Ingenieuren eine derartige Streuung einer als sicher zu berechnenden Kurzzeit-Prognose zu bekommen, läßt mich nicht hoffen für eine Langzeit-Prognose! Â
Auch eine Variante eines Weiterbetriebs von Lafferde plus einem Zentralbetriebs Gadenstedt wurde nicht thematisiert. Rein technisch wäre auch eine Variante denkbar, Gadenstedt an Ilsede anzuschließen, und die anderen Anlagen zu modernisieren. Auch dieses ist nicht in Erwägung gezogen worden.
Und die ganz große Zentrallösung, Ilsede mit einzubeziehen, für ganz Ilsede eine zentrale Kläranlage zu planen, und den Vertrag mit dem Peiner Verband zu kündigen wird ebenfalls nicht angedacht - obwohl sie doch ebenfalls sinnig auf der Hand liegt.
Interessant finde ich jedoch, daß alle Gutachter sagen, daß eigenständige Lösungen im Gegensatz an den Anschluß an Peine die weitaus günstigere Lösung sind, da im Volksmund ja oft thematisiert wird, "verkauft den Kram" - was für den Bürger dann ja somit von beiden Gutachtern als die teuerste aller Möglichkeiten bescheinigt wird!
Er kommt zu dem Ergebnis, daß die kommenden 15 Jahre die Variante B (die dezentrale Lösung) die günstigste sei. Betrachtet man jedoch den Zeitraum von 30 Jahren, so ändern sich die Verhältnisse. Wegen der von ihm geschätzten höheren Betriebskosten überholt vielleicht die Variante einer zentralen KA, wenn die angenommenen Parameter wie Energiekosten, Personalkosten, Zinsen sich prognostizierbar verhalten.
Für mich wäre dieses ein ganz klares Plädoyer für dezentrale Klärung, denn die fehlenden 2 Millionen habe ich HEUTE nicht und daß ich in 30 Jahren 2 Milionen gespart habe ist Prognose und nicht einklagbar und mit soviel Unwägbarkeiten einer europäischen Gesetzgebung behaftet, daß ich wetten könnte, daß in 15 Jahren die Anlage eh nach neuen Maßstäben umgebaut werden muß. Â
Und selbst wenn diese 2 Millionen da wären, würde ich einen Teil davon lieber nutzen, um das seit Jahren ausgearbeitete Retentionsbecken, eine biologische Schilf-Klärung des sonst ungeklärten Regenwasser-Überlaufs, als auch gleichzeitige Nachklärstufe endlich zu verwirklichen, um hier der Natur (und nicht den Gesetzen) einen echten Gefallen zu tun
Olaf Schulz kommt jedoch ganz klar zu dem anderen Ergebnis, diese zentrale KA sei seine einzig mögliche Empfehlung (nicht ganz uneigennützig, da sich auch sein Salär nach den Baukosten richtet).Â
Allerdings kann ich seiner mündlichen Begründung nicht folgen, die zentrale Anlage käme mit wechselnden Belastungsverhältnissen besser zurecht, denn dezentrale. Bei Regeneintrag ist sie umsomehr überfordert, den Rest der Zeit haben wir einen konstanten Schmutzwassereintrag bei gleichbleibender Bevölkerung ohne Industrielle Belastung - seit Jahrzehnten.
So sehr ich auch die Arbeit des Olaf Schulz als fachlich kompetent, rechnerisch richtiger einschätze, bemängel ich, wie bei Bühler, seine Beraterleistung. Gerade er als Fachmann im Abwasserbereich sollte aktuelle Klär-Verfahrenstechniken als mögliche Lösungen gegenüberstellen und begründen, welche alleinstellenden Vorteile das Belebtbecken-Verfahren in unser spezifisch ländlichen dezentralen Region haben soll.
Da ein Großteil der Probleme der Kläranlagen jedoch nicht aus deren Klär-Meß-Ergebnissen herkommt, sondern aus der Tatsache, daß der unteren Wasserbehörde der Vorfluter Beeke/Woystgraben nicht gefällt, wird leider ebenfalls die Variante, Adenstedt/Oberg durch eine Freigefälle-Leitung an einen anderen größeren/stärkeren Vorfluter anzuschließen nicht thematisiert.Â
Nun ist die Verwaltung ein Buch mit 7 Siegeln, so daß ich nur von den Brotsamen zehren kann, die sie mir vorwerfen, doch ist es für mich nach obigen Betrachtungen komplett unverständlich mit einer solchen Zeitknappheit, nach nur 10 Tagen, nach Vorstellung in einer nichtöffentlichen Sitzung, noch fast im Urlaubszeitraum, die zentrale Kläranlage eiligst bauen lassen zu wollen, und damit in meinen Augen Beschluß-gekoppelt diesen Auftrag ohne weitere Ausschreibung an das Büro Schulz zu vergeben.Â
Ich würde gerne einmal die Mäuschen kennen lernen, die hinter diese Siegel blicken, und mir dieses trotzige "ich will aber doch eine ZKA, und versuch es möglichst heimlich immer wieder bis es einmal klappt" einmal erklären können.
Als vorläufiges Fazit: Konnte man bei dem Bühler-Papier (meiner Meinung nach ein Gefälligkeitsgutachten/Bierdeckelkalkulation zur blanken Legitimation einer längst woanders getroffenen Entscheidung) die finanzielle Herleitung nachvollziehen, wird dieses beim Schulz-Papier einfach weggelassen. Die Öffentlichkeit soll gar nicht nachdenken, nachrechnen, vielleicht auch die Repräsentanten nicht. Auch wenn ich Olaf Schulz Zahlen rechnerisch bessere Zutreff-Wahrscheinlichkeit bescheinigen mag - ist das vorgetragene Papier peinlicher, weil jeden Rechenweges, jeder Nachvollziehbarkeit beraubt, und nur mündlich und visuell vorgelegt. Ein Plädoyer für eine zentrale Anlage ist es jedenfalls nicht, da deren Kosten ja nun mittelfristig sogar eindeutig HÖHER sind.
Für mich war diese Gadenstedter Sitzung jedenfalls wieder einmal großes Kino, ein kleiner Krimi mit aufmerksamen pflichtbewußten Politikern. Und ich denke, daß der Zuschauer Herr Gemba viel verpaßt hat, als er direkt nach der Vertagung des ZKA-Entscheids gehen mußte.
Ich möchte erneut schließen mit dem Satz, den ich bereits unter das Bühler-Papier setzte:
Ich hoffe, daß sich ganz Adenstedt und alle Adenstedter Politiker erst einmal für den ökologischen Ausbau und Erhalt des Adenstedter Klärwerks - als die finanziell günstigere Alternative - einsetzen werden.
jörg päller